Bilder, die wir lieben (Teil 1)
Toby Binder, Eva-Maria Feilkas und Jörg Fokuhl haben uns jeweils ein Motiv für diese Webseite geschenkt. Herzlichen Dank dafür! Hier sprechen die drei Fotograf*innen über ihre Arbeiten aus Belfast, Griechenland und München – und erklären, warum sie European Utopia e.V. unterstützen.
Das Paar aus Belfast
Verliebt an der Falls Road: Zäune mit Stacheldraht, genannt „peace walls“, trennen zwei katholische Jugendliche vom protestantischen Nachbarviertel. Später fotografierte Toby Binder auf beiden Seiten für sein preisgekröntes Buchprojekt „Wee Muckers – Youth of Belfast“ (erschienen 2019 im Kehrer Verlag).
Fotograf: Toby Binder, www.toby-binder.de
Was ich an dem Motiv mag: „Als ich die Szene 2006 fotografierte, ahnte ich nicht, dass mich Belfast bis heute beschäftigen würde. Ich war seitdem viele Male dort, in katholischen und protestantischen Vierteln. Dabei fand ich immer, dass die Menschen auf beiden Seiten ähnliche Probleme, Hoffnungen, aber auch glückliche Momente haben. In den Gesichtern der Jugendlichen ist etwas von der Härte ihres Alltags ablesbar, aber kein Hass. Bei einem Besuch 2017 erfuhr ich, dass die beiden Verliebten inzwischen geheiratet hatten und fünf Kinder haben. So etwas ist schön zu hören! Weniger schön ist, dass mir in all den Jahren nur ein einziges konfessionell gemischtes Teenager-Paar begegnete. Die jeweiligen Freundeskreise tolerierten das, und die beiden hatten sogar ein gemeinsames Kind. Aber es war damals schon klar, dass das Paar früher oder später in ein anderes Stadtviertel ziehen würde, da es massive Drohungen gab. Leider hat die Beziehung das nicht überstanden. Spannungen sind definitiv noch da und ich befürchte, dass der Brexit alles wieder verschlimmern wird – die Armut und die Vorurteile.“
Meine Lieblingsorte in Europa: „Da habe ich sehr viele, und natürlich zählt Belfast dazu. Ich werde wieder hinfahren, sobald es die Corona-Situation erlaubt. Nicht wegen der Schönheit der Stadt, aber wegen der Menschen, die ich dort kennengelernt habe.“
Ich unterstütze European Utopia e.V., weil… „…ich gesehen habe und weiß, wie sinnlos manche Grenzen sind. Für uns Europäer bringt es doch nur Vorteile, unsere Gemeinsamkeiten zu betonen. Und die sind riesig! Ich finde es einfach super, dass der Verein nicht nur von einem besseren Europa redet, sondern etwas dafür macht.“
Das Parnon-Gebirge
Griechischer Weizen: ein wildes Getreidefeld im Parnon-Gebirge auf dem Peloponnes, rund 30 Kilometer östlich von Sparta.
Fotografin: Eva-Maria Feilkas, www.evafeilkas.de
Was ich an dem Motiv mag: „Dass man spürt, wie unruhig die Landschaft an diesem Tag war. Wir waren am Morgen in Sparta aufgebrochen, der Wind pfiff und toste, die Wolken flogen, dann kam die Sonne kurz raus, die Pflanzen bogen sich. Es war extrem laut – da entdeckte ich dieses wilde Weizenfeld mit einem Stein in der Mitte. Ich setzte mich darauf, um mich herum lärmte die Natur, und ich nahm diese Kraft mit der Kamera auf.“
Meine Lieblingsorte in Europa: „Auch wenn das Foto eine wunderschöne Bergregion zeigt, mag ich auch lebendige, wuselige Städte – Venedig und Lissabon, zum Beispiel.“
Ich unterstütze European Utopia e.V., weil… „…ich ein Fan von Europa bin und mich überall verständigen kann – notfalls mit Händen und Füßen. Das Ziel, noch enger zusammenzukommen und ein europäisches Magazin zu machen, finde ich absolut richtig und groß. Das Gute an Bildern ist, dass sie jede Sprachbarriere sofort überwinden.“
Das Fahrgeschäft "Parkour"
Pure Energie: Die Jugendlichen im Karussell „Parkour“ lassen sich bewegen, ohne die Kontrolle zu haben. 2016 fotografiert auf dem Münchner Oktoberfest.
Fotograf: Jörg Fokuhl, www.joergfokuhl.com
Was ich an dem Motiv mag: „Das Bild beschreibt einen emotionalen Moment in einer hochtechnisierten Welt. Für das Kunstprojekt ´EvergyProject2016` hatte ich nach Orten gesucht, an denen Strom verschwenderisch genutzt wird – und wurde auf der Wiesn fündig. Dort erlebt man Völlerei in all ihren Facetten. Die nackten Beine auf dem Motiv lassen erahnen, wie verletzlich Menschen dabei sind. Und doch haben die Jugendlichen im Karussell einen Riesenspaß. Sie sind einer Maschine ausgeliefert und fühlen sich trotzdem frei, nicht ängstlich. Das ist nur möglich, weil sie Vertrauen haben.“
Meine Lieblingsorte in Europa: „Sind in meinem Bauch und Kopf. Es geht darum, allen Menschen mit Respekt zu begegnen und die Grundrechte uneingeschränkt durchzusetzen. Als Freigeist wäre es der falsche Ansatz, einen Zaun um bestimmte Orte zu ziehen und den Daumen zu heben oder zu senken.“
Ich unterstütze European Utopia e.V., weil… „…ich ein politischer Mensch bin und alle ermuntern möchte, für etwas einzustehen und in den Diskurs mit anderen zu gehen. Es reicht nicht aus, nur gegen etwas zu sein. Und ich freue mich auf ein Magazin mit Haltung, das nicht an die üblichen kommerziellen Strukturen gebunden ist und dadurch freier, kreativer und kompromissloser sein kann als normale Medien.“